Auszug aus dem Katalog zur Ausstellung "Gertrud und Otto Schamschula 1954 - 1988" im museum für angewandte kunst. Der Text wurde von Frau Dr. Sabine Runde (mak.frankfurt) verfasst.
Leben und Werk
Otto Schamschula
Solche Pläne wurden durch den zweiten Weltkrieg und seinen Auswirkungen zunichte gemacht.
Die Ausweisung aus der Tschechoslowakei vorraussehend, die 1946 tatsächlich erfolgen sollte,
überschritten der Vater und sein ältester Sohn illegal die Grenze in den "Westen",
um einen neuen Wohnort ausfindig zu machen. Sie erfuhren, dass fär ein solches Vorhaben
eine Zuzugsberechtigung erforderlich war, die in Stuttgart ausgestellt werden konnte.
Auf der Bahnfahrt dorthin passierten sie Schwäbisch Gmünd, das ihnen als unzerstörtes,
hübsches Städtchen in Erinnerung blieb. Als sie dann in Stuttgart den zukünftigen Wohnort
festlegen mussten, fiel Ihre Wahl spontan auf diesen Ort. Für Otto Schamschula war diese
Entscheidung zukunftsbestimmend.
Schwäbisch Gmünd als Edelmetall-, Schmuck- und Uhrenindustriezentrum bot dem
handwerklich Interessierten vielfältige Ausbildungsmöglichkeiten. So beschloss er, eine
Lehrstelle in der Industrie zu suchen. Diese Bemühungen wurden schnell in andere Bahnen
gelenkt, als man ihm aufgrund besonderer Leistungen in der Aufnahmeprüfung riet, seine
doch wohl überdurchschnittlichen Begabungen an der Fachhochschule für Metallgestaltung
am Ort ausbilden zu lassen.
Bereits im Herbst 1946 besuchte er als jüngster Schüler das erste Semester, mit dem
die staatliche Höhere Fachschule für das Edelmetallgewerbe ihre Arbeit nach Kriegsende
wieder aufnahm.
Eine Atmosphäre des aufatmenden Neubeginns, die in diesen Jahren nach Ende des
zweiten Weltkrieges herrschte, ermöglichte wieder die Auseinandersetzung mit den unterschiedlichsten
nationalen wie internationalen Kunstäußerungen und -strömungen.
Für die persönliche Entwicklung Otto Schamschulas war die Förderung, die er durch den
Leiter der Silberschmiedeklasse, Prof. Hans Warnecke erfuhr, von besonderer Bedeutung.
Hans Warnecke, der auch zu den Gründungsmitgliedern des Deutschen Werkbundes nach
dem Krieg gehörte, vermied den Schülern seinen Stil aufzuprägen. Er verstand ihre
Kreativität zu wecken, ermunterte sie neue Wege zu beschreiten, und beließ ihnen den
wichtigen Spielraum zur Entwicklung einer ihnen gemäßen Formensprache.
In verschiedenen gestalterischen Versuchen sah er bei Otto Schamschula einen grundsätzlich
bedeutsamen Ansatz, aus der Umsetzung der technischen Prinzipien die Form zu entwickeln,
eine Vorgehensweise, die von bleibender Bedeutung auch für sein späteres Gestalten blieb.
Diese Beobachtung veranlasste Prof. Warnecke, Otto Schamschula noch während der Lehrzeit
in seine Meisterklasse aufzunehmen.
Die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, die eine Fortsetzung des Studiums mit sich brachte,
führten dazu dass Otto Schamschula bereits nach einem Jahr in Stuttgart zu seiner Familie
nach Darmstadt zog und dort als Goldschmied bei einem Juwelier über dreieinhalb Jahre arbeitete.
In dieser Zeit legte er auch seine Meisterprüfung ab.
Eine weitere Ortsveränderung nach Neu-Isenburg bei Frankfurt, wo die Familie ein Haus bezog,
ermöglichte ihm schließlich am 1. Juni 1954 gemeinsam mit seiner Frau Sophia die eigene Werkstatt
zu eröffnen.
Am Anfang erbrachten Auftragsarbeiten den notwendigen Verdienst, um seine Ideen zu finanzieren.
Die eigenen Entwürfe wurden am Abend, in der "Freizeit" realisiert. Gleichzeitig bildete er
auch Lehrlinge aus. Von Ihnen übt zum Beispiel Susanne Voss noch heute ihren Beruf als
Goldschmiedin aus, andere wurden als Designer oder Bühnenbildner erfolgreich. Später erhielt
Otto Schamschula auch Angebote, eine Hochschullaufbahn einzuschlagen, aber er fürchtete, dass
die Aufteilung der Energie und Zeit zu Lasten seiner Entwurfsarbeit ginge, und entschied sich
ganz für die Arbeit an den eigenen Ideen.
Um seine ersten Arbeiten der Öffentlichkeit vorzustellen, gab es in seiner Nähe kein geeigneteres
Forum als die Internationale Messe in Frankfurt, auf der es jedoch damals wie heute gleich
schwer war, einen Stand zu erhalten. Durch den Eintritt in den Bund Hessischer Kunsthandwerker
eröffnete sich ihm 1955 erstmals die Gelegenheit, dort mit einer Vitrine auf dem Stand eines
Wiesbadener Spitzenklöpplers mitauszustellen.
Objekte
Für die überzeugende Geschlossenheit, mit der sich das Werk Gertrud und Otto Schamschulas
heute präsentiert, sind die hohe handwerkliche Könnerschaft und entschiedene Formensprache
maßgebend, die durch alle Stilphasen, ihren sachlichen, unprätetiösen Charakter bewahrt hat.
Dr. Sabine Runde (mak.frankfurt) |